Schmerzen und Schmerztherapie
Schmerzen und Schmerztherapie
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Was sind Schmerzen?
Definition
Schmerz ist eine unangenehme körperliche und emotionale Erfahrung, die eigentlich dazu da ist, Sie zu warnen und darüber zu informieren, dass Ihr Körper von einer Verletzung bedroht ist oder verletzt wurde. Während akute Schmerzen ein wichtiges Warnsignal darstellen, haben chronische Schmerzen keine nützliche Funktion für den Körper. Sowohl biologische als auch psychologische und soziale Faktoren tragen zur Entstehung von chronischen Schmerzen bei.
Das Schmerzempfinden unterscheidet sich individuell zwischen einzelnen Personen.
Schmerzdauer
Akute Schmerzen treten plötzlich auf und dauern weniger als 3 Monate an. Sie sind ein Warnsignal für eine Bedrohung des Körpers und werden durch Verletzungen, Erkrankungen oder schmerzhafte medizinische Eingriffe verursacht. Der Schmerz klingt in der Regel ab, wenn die Störung vorüber ist.
Als chronischen Schmerz bezeichnen Ärzt*innen in der Regel Schmerzen, die länger als 3–6 Monate anhalten. Sie sind meist nicht gleichförmig, sondern variieren in Intensität und Ausprägung.
Verschiedene Schmerzarten
Man unterscheidet zwischen verschiedenen Arten von Schmerzen, die einzeln oder kombiniert auftreten können.
Nozizeptive bzw. „normale“ körperliche Schmerzen sind die unmittelbare und natürliche Reaktion des Körpers auf Gewebeschädigungen. Nozizeptive Schmerzen können weiter in Schmerzen aus inneren Organen (viszeral) und Schmerzen von Muskeln, Knochen und Gelenken (somatisch) unterteilt werden. Betroffene beschreiben nozizeptive Schmerzen meist als dumpf, drückend, stechend oder auch krampfartig.
Neuropathische Schmerzen, Neuralgien oder Nervenschmerzen treten aufgrund von Schädigungen oder Erkrankungen im Nerv selbst auf. Beispiele dafür sind Nervenschäden nach einer Verletzung, Nervenschmerzen nach einer Gürtelrose, Neuropathien (z. B. bei Diabetes), Tumore, die größere oder kleinere Nerven zerstören, Phantomschmerzen nach Amputationen usw. Die Schmerzen treten häufig spontan oder nach schwachen Reizen, z. B. einer leichten Berührung der Haut, auf. Betroffene beschreiben neuropathische Schmerzen typischerweise als einschießend, brennend oder heiß. Zusätzlich können Missempfindungen auftreten.
Bei primären Schmerzsyndromen lässt sich keine organische Ursache für die Beschwerden finden. Dazu zählen noziplastische und psychogene Schmerzen.
Noziplastische Schnmerzen werden durch eine veränderte Schmerzwahrnehmung verursacht. Meist treten in verschiedenen Körperregionen Schmerzen auf oder die Schmerzempfindlichkeit ist allgemein erhöht. Zusätzlich können Erschöpfung, Schlafstörungen und psychische Symptome vorkommen.
Psychogene Schmerzen entstehen überwiegend bei psychischen Erkrankungen (z. B. somatoforme Störung, Depressionen oder Ängste) oder bei psychosozialer Belastung. Dadurch wird das Schmerzempfinden beeinflusst und die Schmerzschwelle gesenkt.
Häufigkeit
- Rund 10 % der Bevölkerung sind von chronischen Schmerzen betroffen.
Untersuchungen
- Akute Schmerzen lassen sich in der Regel schnell lokalisieren und einer Ursache zuordnen und entsprechend behandeln.
- Bei chronischen Schmerzen fragen Ärzt*innen ausführlich und genau nach Beginn, Art, Stärke, evtl. zeitlichen Veränderungen, Begleitsymptomen, bisherigen Therapien und deren Wirkung.
- Zudem wird eine sorgfältige körperliche Untersuchung, v. a. mit neurologischen Tests, durchgeführt.
- In bestimmten Fällen können Blutuntersuchungen und bildgebende Verfahren sinnvoll sein.
- Nicht nur für die Diagnostik, sondern auch für die Erfolgskontrolle einer Therapie ist es wichtig zu prüfen, ob sich Schmerzen im Verlauf (z. B. der Behandlung) verringern oder verstärken. Daher stehen viele verschiedene Fragebögen und Tests zur Verfügung, die Patient*innen beantworten können.
Behandlung
Allgemeines
- Das Ziel der Behandlung besteht darin, Alltagsfunktionen und die Lebensqualität zu verbessern und Schmerzen zu lindern. Dazu werden individuelle und erreichbare Ziele vereinbart.
- Zugrunde liegende Erkrankungen sollen angemessen behandelt werden.
- Auch eine Aufklärung über die Schmerzen und ihre Behandlung ist wichtig.
- Je nach Art der Schmerzen werden verschiedene medikamentöse und nichtmedikamentöse Behandlungen kombiniert.
- Bei schweren fortgeschrittenen Erkrankungen und unheilbaren Tumoren kommt die sog. palliative Behandlung zum Einsatz. Hier geht es vor allem darum, körperliche Schmerzen und andere belastende Symptome (z. B. Übelkeit, Atemnot) zu lindern.
Nichtmedikamentöse Maßnahmen
- Insbesondere bei chronischen Schmerzen sollten zunächst nichtmedikamentöse Maßnahmen angewendet werden.
- Am wichtigsten ist regelmäßige körperliche Aktivität. Suchen Sie sich einen Sport aus, der Ihnen Freude bereitet.
- Unterstützend werden Psychotherapie und Entspannungsverfahren empfohlen.
- Kälte- und Wärmeanwendungen sowie klassische Hausmittel (z. B. Kohl- oder Quarkwickel bei Gelenkschmerzen) können Sie auch selbst durchführen.
- Bei zahlreichen weiteren nichtmedikamentösen Maßnahmen ist die Wirksamkeit nur unzureichend belegt.
Medikamente
- Schmerzmittel lassen sich in zwei Haupttypen einteilen:
-
- Zentral wirksame Medikamente, die vor allem im Zentralnervensystem wirken (Gehirn und Rückenmark), wie Opioide.
- Medikamente, die vor allem auf die Schmerzentstehung an den Nervenenden in allen anderen Körperregionen wirken (periphere Wirkung), wie z. B. sog. nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen.
- Zu Beginn der Therapie wird am häufigsten ein peripher wirkendes Mittel gewählt, falls die Schmerzen noch nicht sehr stark sind.
- Nervenschmerzen werden (zusätzlich) mit anderen Medikamenten behandelt, z. B. Antidepressiva oder Antiepileptika.
- Auch bei noziplastischen Schmerzen werden Antidepressiva eingesetzt.
- Bei Krebsschmerzen wird häufig eine dauerhafte, vorbeugende Schmerzbehandlung benötigt.
- Wenn die Wirkung nicht zufriedenstellend ist, oder die Schmerzen zunehmen, wird die Schmerzlinderung üblicherweise nach einem Stufenschema (WHO-Schema) gesteigert:
Stufe I
- Leichte bis mittelschwere Schmerzen: peripher wirkende Schmerzmittel (Nicht-Opioide)
- Schmerzmittel der Stufe I können bei Bedarf mit anderen Wirkstoffen kombiniert werden.
Beispiele
- Paracetamol (nur geringe antientzündliche Wirkung): bis zu 4-mal täglich 500–1.000 mg alle 6 Stunden (höchstens 4.000 mg Gesamttagesdosis), nur zur kurzfristigen Behandlung geeignet
- NSAR: z. B. Ibuprofen 2- bis 3-mal täglich 200–800 mg (max. 1.200–2.400 mg pro Tag)
- Häufige Nebenwirkungen von NSAR sind Verdauungsbeschwerden und Blutungen im Magen-Darm-Trakt.
- Metamizol = Novaminsulfon: 1- bis 4-mal täglich 500–1.000 mg (max. 5.000 mg pro Tag)
Stufe II
- Mittlere chronische Schmerzen: schwache zentral wirkende Schmerzmittel (Opioide), ggf. in Kombination mit Nicht-Opioiden
- Beispiele
- Tramadol 1- bis 2-mal 100–200 mg pro Tag (max. 400 mg innerhalb von 12 Stunden)
- Tilidin/Naloxon 2-mal 50–300 mg pro Tag (max. 600 mg pro Tag)
Stufe III
- Starke chronische Schmerzen: stark wirksame Opioide
- Die Höhe der erforderlichen Dosis ist von Patient*in zu Patient*in unterschiedlich.
- Die Dosis wird in den ersten Tagen mit schnell wirksamen Morphintabletten bestimmt und dann in ein Retardpräparat überführt.
- Die Tagesdosis Morphin soll 120 mg nicht überschreiten.
- Zusätzlich zur Dauertherapie werden Krebspatient*innen schnell wirksame Schmerzmittel für sog. Durchbruchschmerzen verschrieben.
- Beispiele
- Morphin
- Fentanyl (als Pflaster)
Nebenwirkungen von Opioiden
- Bei der Anwendung von Opioiden können, abhängig vom jeweiligen Präparat, zahlreiche Nebenwirkungen auftreten.
- Häufige Nebenwirkungen sind Übelkeit, Verstopfung und Müdigkeit.
- Darüber hinaus können alle Opioide zu körperlicher Abhängigkeit sowie Toleranzentwicklung führen. Das Risiko ist bei der Verwendung von Retardpräparaten, die den Wirkstoff langsam freisetzen, geringer. Wenn die Therapie beendet wird, soll die Dosis schrittweise verringert werden, um Entzugssymptome zu vermeiden.
- Zur Vorbeugung von Verstopfung können Abführmittel (Laxanzien) eingenommen werden. Auch andere Nebenwirkungen lassen sich ggf. medikamentös behandeln.
Autorin
- Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden
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