Spaltfehlbildungen

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Was sind Spaltfehlbildungen?

Definition

Spaltfehlbildungen betreffen Lippen, Kiefer und/oder Gaumen. Diese sog. Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte entsteht zu einem frühen Zeitpunkt in der Entwicklung des Embryos und kann einseitig oder beidseitig auftreten. Die Spalten können in vier Hauptgruppen unterteilt werden:

  1. Lippenspalte
  2. Lippen-Kiefer-Spalte
  3. Lippen-Kiefer-Gaumen-(Segel)-Spalte
  4. Isolierte Gaumenspalte im harten und/oder weichen Gaumen

Spaltfehlbildungen können ein- oder beidseitig auftreten (außer der Gaumensegelspalte).

Es gibt unterschiedliche Ausprägungsgrade von Spaltfehlbildungen:

  • Die Muskulatur bzw. der Knochen ist nur teilweise gespalten, die Haut und Schleimhaut sind intakt.
  • Die Muskulatur und/oder die Knochen sind gespalten, die Haut/Schleimhaut ist teilweise intakt.
  • Muskulatur und/oder Knochen sind vollständig gespalten, ebenso wie die bedeckende Haut oder Schleimhaut.

Als Minimalvariante einer Spaltfehlbildung kann auch eine Längsspaltung des Zäpfchens (Uvula bifida) vorliegen.

Spaltfehlbildungen können isoliert oder im Rahmen eines Syndroms auftreten.

Linksseitige Lippen-Kieferspalte (Quelle: Centers for Disease Control and Prevention, National Center on Birth Defects and Developmental Disabilities)
Linksseitige Lippen-Kieferspalte (Quelle: Centers for Disease Control and Prevention, National Center on Birth Defects and Developmental Disabilities)

Symptome

Spaltfehlbildungen bei Neugeborenen äußern sich auf verschiedene Weise, z. B.:

  • Beeinträchtigtes Aussehen
  • Probleme beim Füttern des Kindes
  • Schwierigkeiten beim Stillen: Das Kind saugt nicht und speichelt übermäßig.
  • Erhöhtes Risiko für Hörprobleme sowie Sprach- und Sprechstörungen, da es häufig zu Entzündungen im Mittelohr kommt.

Spaltfehlbildungen können verschiedene Auswirkungen haben:

  • Beeinträchtigung beim Sprechen, Atmen und bei der Nahrungsaufnahme durch die fehlende Trennung von Mund- und Nasenraum
  • Die Funktion von Zunge und weichem Gaumen ist gestört, was ebenfalls das Sprechen erschweren kann.
  • Eine Spalte im Weichgaumen kann eine Rhinophonia aperta (Näseln, da beim Sprechen Luft durch die Nase entweicht) nach sich ziehen.
  • Beeinträchtigte Mittelohrbelüftung mit Hörminderung durch gestörte Gaumensegelfunktion
  • Vermindertes Wachstum des Oberkiefers, wodurch Zahnfehlstellungen entstehen können.

Ursachen

Lippen-Kiefer-Spalten mit oder ohne Gaumenspalte entstehen in der 7. bis 10. Schwangerschaftswoche, isolierte Gaumenspalten bilden sich in der 9. bis 11. Woche.

Spaltfehlbildungen können in Zusammenhang mit einem Syndrom auftreten. Derzeit werden etwa 350 Syndrome mit Spaltfehlbildungen in Verbindung gebracht, darunter z. B. die Pierre-Robin-Sequenz und das Van-der-Woude-Syndrom.

Daneben kann vermutlich familiäre Veranlagung im Zusammenspiel mit Umwelteinflüssen zu einer Spaltfehlbildung führen. Hier gilt, dass die schädigenden Faktoren (z. B. Medikamenteneinnahme, Rauchen) während der Entwicklungsphase des Gesichts bestehen müssen.

Als Risikofaktoren gelten:

  • Medikamente, z. B. Antiepileptika, Methotrexat, Isotretinoin und Ondansetron sowie die umfangreiche Einnahme von Vitamin A in Tablettenform
  • Rauchen (Rauchen in der ersten Schwangerschaftshälfte verdoppelt das Risiko einer Lippenspalte)
  • Alkoholkonsum bei Müttern mit einer teilweisen Genvariante des Alkohol-Dehydrogenase-Gens
  • Drogen
  • Mangelhafte Sauerstoffversorgung des Fötus, z. B. bei Durchblutungsstörungen
  • Erkrankung der Mutter in der Phase der Gesichtsbildung

Häufigkeit

Eine Spaltung von Lippen, Kiefer und/oder Gaumen ist die häufigste angeborene Fehlbildung im Bereich von Kopf und Hals. In Europa liegt die Häufigkeit bei 1 von 500 Neugeborenen.

Für Deutschland gelten folgende Zahlen:

  • Lippen-(Kiefer)-Spalten mit oder ohne Gaumenbeteiligung: 7,5 auf 10.000 Geburten
  • Isolierte Gaumenspalte: 5,5 auf 10.000 Geburten
  • Jährlich werden ca. 1.200 Kinder mit einer Spaltfehlbildung geboren.

Die isolierte Gaumenspalte kommt seltener vor als die anderen Formen und tritt häufiger bei Mädchen als bei Jungen auf. Von Lippenspalten, Lippen-Kiefer-Spalten und Lippen-Kiefer-Gaumenspalten sind Jungen häufiger betroffen. Spalten in Lippen, Kiefer und Gaumen sind am häufigsten (51 %), gefolgt von Lippen-Kiefer-Spalten (25 %) und der isolierten Gaumenspalte (24 %).

Insgesamt sind einseitige Spaltfehlbildungen 3- bis 4-mal häufiger als beidseitige und betreffen doppelt so oft die linke wie die rechte Seite.

Bei eineiigen Zwillingen sind in 43 % der Fälle beide Kinder betroffen. Wenn gesunde Eltern bereits ein Kind mit Spaltfehlbildung haben, liegt das Wiederholungsrisiko für weitere Kinder bei 4 %. Bei einem betroffenen Elternteil liegt das Risiko, ein Kind mit Spaltfehlbildung zu bekommen, bei 4 %.

Untersuchungen

Ab der 14. Schwangerschaftswoche können im Ultraschall Spaltfehlbildungen festgestellt werden. Bei erhöhtem Risiko für Fehlbildungen wird im 2. oder 3. Trimenon der Schwangerschaft eine gezielte Ultraschalluntersuchung, möglichst mit 3D-Technik, empfohlen. Isolierte Gaumenspalten sind jedoch nur schwer mittels Ultraschall nachzuweisen.

Ansonsten erfolgt die Diagnose von Lippen- und/ oder Gaumenspalten bei der Geburt (U1) oder bei der Neugeborenen-Untersuchung (U2). Isolierte Gaumenspalten werden teilweise erst später (z. B. aufgrund von Problemen beim Trinken) festgestellt.

Alle Neugeborenen mit Lippen-Kiefer- und/oder Gaumen-Spalten werden je nach Schwere der Fehlbildung direkt nach der Geburt in ein interdisziplinäres Zentrum, das in der Behandlung von Spaltfehlbildungen spezialisiert ist, verlegt oder ambulant überwiesen.

Behandlung

Die Behandlung erfolgt in einem interdisziplinären Spaltzentrum und umfasst in der Regel den chirurgischen Verschluss der Spalte. Dies soll Komplikationen wie Ernährungsstörungen sowie Sprach- und Sprechprobleme verhindern. Häufig ist eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachrichtungen erforderlich (Kieferchirurgie, HNO, Kieferorthopädie, Zahnmedizin, Sprachtherapie und Logopädie). Zudem sollten regelmäßige Gewichtskontrollen erfolgen.

Hinzu kann eine medikamentöse Therapie kommen, um Begleiterscheinungen (z. B. Mittelohrentzündungen oder Atemwegsprobleme) zu behandeln.

Kieferorthopädie

Bei Neugeborenen mit Gaumenspalte wird zunächst eine Gaumenplatte eingesetzt. Dadurch werden Mund- und Nasenraum getrennt und die Zungenlage kann sich normalisieren. Zudem ist auch der Einsatz einer individuell angepassten Gaumenplatte mit Nasensteg möglich.

Zusätzlich zum operativen Eingriff sollte eine kieferorthopädische Behandlung während der Wachstumsphase erfolgen. Diese umfasst die Regulierung von Kreuz- und/oder Vorbissen sowie der oberen Schneidezähne (im Alter von 7–8 Jahren). Die meisten betroffenen Kinder benötigen zudem eine Zahnspange im Alter von 11–13 Jahren.

Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie

In der Regel ist eine chirurgische Behandlung mit mehreren Operationen erforderlich. Diese umfasst:

  • Lippenspalte: Verschluss ab dem 3. Lebensmonat und Rekonstruktion des Nasenbodens
  • Gaumenspalte: Harter und weicher Gaumen werden in der Regel gleichzeitig verschlossen.
  • Kieferspalte: Knochentransplantation, je nach Ausprägung im Vorschulalter oder im Alter von 8–11 Jahren

Daran können sich Korrekturoperationen anschließen, die auf eine gute Sprechfunktion und ein möglichst wenig beeinträchtigtes Aussehen bis zur Einschulung abzielen. Möglich sind z. B. Nasenkorrekturen, Narbenkorrekturen und sprachverbessernde Operationen.

Zahnmedizin

  • Durch die Spaltfehlbildungen kann es zu Beeinträchtigungen der Zähne (erschwerte Zahnreinigung, Veränderung des Zahnschmelzes) kommen. Etwa alle 6 Monate sollte eine zahnärztliche Kontrolle erfolgen.
  • Zahnimplantate sind bei fehlenden Zahnanlagen erst ab dem 18. Lebensjahr sinnvoll.

Logopädie

Bei Kindern mit Sprach- und Sprechstörungen sollte ab dem 2. bis 4. Lebensjahr eine logopädische Behandlung beginnen. Die Therapie kann bis zur Einschulung und darüber hinaus andauern.

Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde

  • Bei Neugeborenen wird ein Hörscreening durchgeführt.
  • In den ersten Lebensjahren sollten halbjährliche Kontrollen in einer HNO-Praxis erfolgen.
  • Zudem kann es erforderlich sein, wiederholt Paukenröhrchen zu legen (kleines Rohr zur Belüftung des Mittelohrs).
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