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Wer hilft, braucht Hilfe
Pflegende Angehörige: Lassen Sie sich unterstützen, bevor Sie nicht mehr können.
Sandra Wilsdorf
3.12.2024
Rund fünf Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig. Mehr als vier Millionen von ihnen werden zu Hause versorgt – davon weit mehr als die Hälfte allein von ihren Angehörigen. Die sind der größte Pflegedienst Deutschlands. Oder umgekehrt: Ohne die pflegenden Angehörigen würde das deutsche Pflegesystem zusammenbrechen. Aber was bedeutet es, rund um die Uhr zuständig zu sein für jemanden, der auf Hilfe angewiesen ist? Einen nahestehenden Menschen zu pflegen, kann Sinn und Zufriedenheit schenken. Aber auch ungeheuer anstrengend sein und krank machen. Oder alles zusammen.
Lassen Sie es nicht so weit kommen! Sie müssen und Sie können auf Dauer nicht alles alleine schaffen. Es gibt viele Angebote, die Pflegende bei ihrer wertvollen Tätigkeit unterstützen und entlasten. Nutzen Sie sie!
Darüber ins Gespräch zu kommen, dafür kann Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt die erste Adresse sein. Er oder sie kennt Ihre Familie oft schon lange, hat einen ganzheitlichen Blick auf Sie, kennt aber vielleicht auch die Person, die Sie pflegen und weiß Bescheid, welche entlastenden Angebote es in Ihrer Region gibt. Vielleicht kann ein Pflegedienst unterstützen, können Angebote der Tages- oder Kurzzeitpflege, Essen-auf-Rädern oder ein ehrenamtlicher Besuchsdienst für Freiräume sorgen.
Sich und anderen einzugestehen, dass Sie Hilfe brauchen, bei der Hilfe, ist keine Schande, sondern im besten Sinne verantwortungsvoll. Denn Sie können nur langfristig pflegen, wenn Sie gesund sind. Und dafür müssen Sie sich auch um sich selbst kümmern, für Auszeiten sorgen und für Austausch mit anderen.
Anderen ist das vielleicht viel klarer als Ihnen. Deshalb stehen Ihnen beispielsweise bis zu sechs Wochen im Jahr Verhinderungspflege zu – damit Sie mal Urlaub machen können und Ihr Angehöriger trotzdem versorgt ist.
Trotz aller Unterstützung kann aber der Tag kommen, an dem Sie sich eingestehen müssen, dass Sie die Situation zu Hause nicht mehr bewältigen. Bevor Ihr Angehöriger vielleicht Wunden wegen „Durchliegens“ bekommt oder Sie sich so niedergeschlagen fühlen, dass Ihnen jeglicher Antrieb fehlt, ist es Zeit für eine neue Lebensphase. Eine, in der Ihr zu pflegendes Familienmitglied in eine stationäre Pflegeeinrichtung zieht und Sie zu Besuch kommen, aber nicht pflegen.
Auch darüber können Sie in Ihrer hausärztlichen Praxis das Gespräch suchen. Anregungen für dieses Gespräch und allgemein mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie in der Patienteninformation der Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM).
Sandra Wilsdorf
Sandra Wilsdorf beschäftigt sich als Journalistin vor allem mit Themen aus den Bereichen Gesundheit, Gesundheitspolitik, Medizin und Soziales.
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