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Gendersensible Medizin
Männer sind anders krank, Frauen auch: Warum es wichtig ist, die Unterschiede zu kennen.
Sandra Wilsdorf
25.10.2024
Wenn Frauen einen Herzinfarkt erleiden, zeigt der sich häufig nicht mit dem klassischen Brustschmerz, sondern mit Schmerzen in Oberbauch oder Rücken, mit Übelkeit und anderen weniger eindeutigen Symptomen. Die Behandlung erfolgt deshalb häufiger als bei Männern zu spät: Das Risiko, an einem Infarkt zu sterben, ist bei Frauen mehr als doppelt so hoch wie bei Männern. Die hingegen begehen dreimal häufiger Suizid als Frauen – obwohl sie statistisch gesehen viel seltener depressiv sind.
Dies sind nur zwei von vielen Beispielen, die zeigen: Männer und Frauen sind unterschiedlich krank. Die Unterschiede zu kennen, kann lebensrettend sein.
Aber warum ist Krankheit überhaupt auch vom Geschlecht abhängig? Das hat zum einen körperliche Ursachen: So spielen etwa Größe, Gewicht und vor allem die völlig unterschiedlichen Hormonsysteme wichtige Rollen. Aber auch der weibliche Stoffwechsel ist anders als der Männliche. Es dauert beispielsweise länger, bis eine Tablette im Darm angekommen ist und ihren Wirkstoff entfalten kann – ein wichtiger Faktor bei der Dosierung von Medikamenten.
Aber auch unterschiedliche Verhaltensweisen sind entscheidend: Frauen etwa nehmen Vorsorgen häufiger wahr als Männer, suchen bei Beschwerden überhaupt öfter ärztlichen Rat, aber ernähren sich auch gesünder und neigen weniger zu gesundheitsschädigendem Verhalten wie Rauchen und Alkoholkonsum.
Viele geschlechtsspezifische Unterschiede liegen allerdings noch im Dunkeln: Warum etwa Autoimmunerkrankungen bei Frauen so viel häufiger vorkommen als bei Männern, wird noch erforscht.
Das Bewusstsein dafür, dass es für Vorsorge, richtige Diagnosestellung zum richtigen Zeitpunkt und für die Therapie wichtig ist, die geschlechtsspezifischen Unterschiede zu kennen und zu berücksichtigen, setzt sich immer weiter durch. Gendersensible Medizin ist ein wichtiger Forschungsbereich geworden, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind Inhalt ärztlicher Fortbildungen und seit 2004 werden Medikamente vor der Zulassung an männlichen und weiblichen Probandinnen und Probanden getestet. Denn am Ende profitieren alle Geschlechter von einer gendersensiblen Medizin.
Sandra Wilsdorf
Sandra Wilsdorf beschäftigt sich als Journalistin vor allem mit Themen aus den Bereichen Gesundheit, Gesundheitspolitik, Medizin und Soziales.
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